Donnerstag, 30. Oktober 2014

Menogon

Monatelang war der Gonal-Pen mein täglicher Begleiter. Er hatte seinen festen Platz im Kühlschrank, er hatte gemeinsam mit einem Kühlakku einen bequemen Platz in meinem Koffer, und er war selbstverständlicher Teil meiner täglichen Spritzen-Angst.

Seit Montag ist das alles anders. Seit Montag besitze ich keinen Gonal-Pen, sondern Menogon, meinen persönlichen kleinen Chemie-Baukasten. Während mein Gonal-Set aus genau 3 Teilen bestand - Pen, Spritzenkopf bzw. Kanüle, und Desinfektionstupfer - kommt nun jeden Tag zur Anwendung: 4 Ampullen mit Menogon, 1 Ampulle mit Lösungsmittel, 1 große Spritze zum Anrichten, 1 kleine Spritze zum Spritzen, 1 Tuch zum Öffnen der Ampulle mit Lösungsmittel, 1 Desinfektionstupfer.

...und zu meiner eigenen Überraschung muss ich sagen: Menogon funktioniert prima! Es ist einfacher als gedacht, das Spritzen bisher komplett schmerzfrei, und nach 2 Tagen hatte ich die ganze Prozedur schon verinnerlicht:

Packung öffnen. 4 Ampullen mit jeweils weißen Pulver entnehmen. 1 Ampulle Lösungsmittel entnehmen. 1 große und 1 kleine Spritze bereitlegen. Ampulle mit dem Lösungsmittel mit einem Tuch umwickeln und aufbrechen. Deckel von den anderen 4 Ampullen entfernen. Große Spritze aufsetzen. Lösungsmittel mit der Spritze aufsaugen und durch die Gummimembran in die erste Ampulle geben. Das weiße Pulver löst sich sobald der erste Tropfen Lösungsmittel drauf fällt. Die Flüssigkeit aus Ampulle 1 saugen und genauso in Ampulle 2 geben. Weißes Pulver auflösen lassen. Das gleiche mit Ampulle 3 und 4 wiederholen. Eventuellen Flüssigkeitsverlust gleiche ich meist nochmal mit etwas Lösungsmittel aus. Und schon ist Menogon fertig angerührt. Bauchfalte suchen und mit dem Tupfer desinfizieren. Große Spritze abziehen, kleine Kanüle aufsetzen. 2-3x hart gegen die Spritze schnippen, um Luftblasen nach oben zu befördern. Schutzhülle von der Kanüle ziehen, Spritze auf die Bauchfalte setzen - und rein damit. Fertig!

Die Spritze von Menogon ist leider deutlich kleiner als der Gonal-Pen, deswegen finde ich die Handhabung etwas schwieriger - der dicke Pen ließ sich super in der Hand halten, auch wenn man zittert. Alles andere funktioniert wunderbar. Und ich muss nicht mehr ewig viel Medikamente im Kühlschrank bereithalten oder in Kühltaschen durchs Land fliegen - das ist gut!

Eigentlich  hat Menogon bisher nur 2 große Nachteile:

1) Der Preis. Meine Krankenkasse übernimmt 50% der Kosten für die IVF, trotzdem zahle ich noch 190 EUR pro Packung (original), 160 EUR für den Re-Import. Jede Packung enthält 10 Ampullen, hält bei mir also genau 2.5 Tage.  Ich spritze damit täglich >60 EUR, und das für mindestens 12-14 Tage...

2) Die Nebenwirkungen. Ich weiß nicht inwieweit der Herbst damit zu tun hat - aber ich bin so unglaublich müde und matt... Eine bleierne Müdigkeit, die sich im ganzen Körper breit macht, und auch vor meinem Kopf nicht halt macht. Mein Gehirn ist ein großer Wattebausch, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Hin und wieder noch ein wenig Schwindel - vor dem Nachmittag bin ich eigentlich froh wenn ich es ins Büro geschafft habe, sitze, und ein paar Dinge erledige die kein großes Nachdenken erfordern...

Montag, 27. Oktober 2014

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Heute ist: Tag 1 in einer neuen Runde Kinderwunschleben.

Dazwischen liegen 7 Monate Pause. 7 Monate Energie sammeln, Leben leben, Karriere machen - und, ja, darüber nachdenken ob und wie es weitergehen soll.

Rückblick März 2014: Tatsächlich schwanger! 1 Pipitest und 2 Blutproben sind sich sicher... Ich gebe zu, ich war der glücklichste Mensch der Welt. Schatz hat sich unglaublich gefreut, und blauäugig wie wir sind konnten wir es uns nicht verkneifen ein ganz ein klein wenig Planung anzufangen. Wie das wohl so alles wird, mit einem kleinen Zwerg, einer kleinen Familie.... vielleicht sogar zwei kleinen Zwergen... Ich habe mir Schwangerschafts-Apps auf mein iPad gezogen, habe meine Geschäftsreisen vom Flugzeug in die Bahn verlegt, ein Lager an Alkohol-Alternativen stand eh schon bereit, und auch die engsten Kinderwunsch-Mitstreiter wußten Bescheid...
Dann kam die 7. Woche... Bordtoilette eines ICE, irgendwo bei Stuttgart. Nur kurz pinkeln. Und auf einmal: Blut. 3 Stunden Zugfahrt mit Nervenzittern. Nach Ankunft beim Kunden habe ich mich direkt wieder verabschiedet ins Krankenhaus. Blutabnehmen, Ultraschall. Das Blut ist alt - das Ultraschall erkennt nichts... Ich bin schockiert, wie oll die Ausstattung im Krankenhaus im Vergleich zu meinem supermodernen Kinderwunschzentrum ist. Und: niemand weiß nix genaues. Am besten erstmal absolute Bettruhe. Also liege ich da. Mehr als 500km entfernt von meinem zuhause, meinem Schatz, meinem Kinderwunschzentrum. Mit einem Koffer voller Blazer und Blusen, ohne Schlafanzug, ohne Jogginghose. Mit ausschließlich männlichen Kollegen vor Ort, die größtenteils nicht mal wissen dass ich schwanger bin (aber die mich zum Glück mit einem Internetzugang, ein wenig Obst und Lesestoff versorgen). Nur liegen, dösen, warten - Montag, Dienstag, Mittwoch... Die Blutproben brauchen Tage, bis es mal Ergebnisse gibt - das Kinderwunschzentrum schafft das in 30 Minuten. Aber irgendwann gibt es Ergebnisse - und dann der Schlag: die hcg Werte fallen. Ich verliere den Mini-Zell-Zwerg-Haufen... Der Rest ist Nebel: Anruf bei Schatz. Flieger nach Hause. 2 Wochen, die ich weinend daheim auf der Couch lag. Ich wollte niemanden sehen, so gut wie niemanden hören, nichts tun. Nur trauern. Dann 2 Monate, in denen ich mich zurückgekämpft habe ins Leben, in meinen Job. Entscheidungen getroffen habe - gegen einen direkten neuen Versuch, für Karriere, ein paar Monate als DINKs, mit all den Vorzügen die das so hat... 

Und heute... heute beginnt das Spiel von vorne. Eine rationale Entscheidung. Kein Herzblut. Aber die Hoffnung, das richtige zu tun, und genug Energie und Kraft zu haben für ein neues Spiel...